
APOLLO'S WAY
Boots on the Ground: Mein Weg vom Ranger zum Guide im Selous Wildreservat, heute Nyerere Nationalpark.
Von Apollo Kwilabya
Kapitel 1: Wo die Reise begann
Nach Abschluss meines Studiums im Bereich Wildtiermanagement am Pasiansi Wildlife Training Institute wurde ich vom Tanzania Wildlife Protection Fund (TWPF) unter der Wildlife Division angestellt. Ich war jung, voller Energie und begierig darauf, zu dienen.
Meine erste Anstellung als Wildhüter war im nördlichen Sektor des Selous Wildreservats, stationiert im Hauptquartier Matambwe. Damals wusste ich noch nicht, dass dieser Ort – wild, weitläufig und lebendig – zum Herzschlag meines Lebens werden würde.
Selous war nicht nur ein Arbeitsplatz. Es wurde mein Lehrer, meine Prüfung und mein Zuhause.
Kapitel 2: Ein Reservat unter Belagerung
Als ich ankam, war die Wilderei auf ihrem Höhepunkt. Elefanten wurden wegen ihres Elfenbeins abgeschlachtet. Überall waren Schlingfallen. Sogar Fische aus dem Rufiji-Fluss wurden mit Gift und illegalen Netzen gewildert. Es fühlte sich an, als ob alles angegriffen würde.
Wir hatten keinen Treibstoff, keine neuen Uniformen und manchmal monatelang keinen Lohn. Die Munition war begrenzt. Uns fehlten selbst die grundlegendsten Dinge. Aber wir waren da. Jeden einzelnen Tag. Wir schnürten unsere Stiefel, luden die wenige Ausrüstung, die wir hatten, und gingen hinaus in den Busch.
Denn die Tiere konnten nicht weglaufen. Und jemand musste bleiben.
Kapitel 3: Der alte Bulle mit Geheimnissen
Eines Tages stießen wir auf einer Fußpatrouille auf einen riesigen alten Elefantenbullen. Er war majestätisch – seine Stoßzähne lang, dick, fast den Boden berührend. Er sah uns und erstarrte. Aber dann geschah etwas Unglaubliches.
Er drehte sich langsam um, ging rückwärts in den Busch und versteckte seine Stoßzähne hinter dichter Vegetation.
Dieser Moment erschütterte mich.
Ich sah meine Kameraden an und sagte: "Dieser Elefant weiß, dass seine Stoßzähne wertvoll sind. Er versteckt sie. Er hat Angst."
Es trieb mir fast die Tränen in die Augen.
Ich wollte ihn nicht dort lassen. Ich erinnere mich, gedacht zu haben: "Ich wünschte, ich könnte bleiben und auf diesen Elefanten aufpassen. Ich will ihn nicht allein auf dieser Welt lassen."
Ich weiß bis heute nicht, ob er überlebt hat. Diesen Moment habe ich nie vergessen – er lebt in mir, eine Erinnerung daran, wofür wir wirklich gekämpft haben.
Kapitel 4: Walking Safaris und die Kraft der Stille
Mit der Zeit fühlte ich mich zu einer anderen Berufung hingezogen – Touristen zu Fuß durch die Wildnis zu führen. Mir wurde klar, dass der Schutz der Tiere auch bedeutete, die Menschen aufzuklären.
Walking Safaris sind mit nichts anderem zu vergleichen. Kein Motorenlärm. Keine Barrieren. Nur Menschen, die mit Respekt und Demut in die Wildnis treten.
Ich habe erlebt, wie Gäste vor Ehrfurcht verstummten, als eine Elefantenherde in der Nähe vorbeizog. Ich habe gesehen, wie Angst sich in Staunen verwandelte. Und ich habe ihnen beigebracht, Tierfährten, Vogelrufe und die Windrichtung zu lesen – der Natur zuzuhören, nicht nur sie anzusehen.
Das Guiding wurde zu einer Erweiterung meiner Naturschutzarbeit. Und jede Safari wurde zu einer Chance, die Sichtweise der Menschen auf die Welt zu verändern.
Kapitel 5: Jagdtourismus – Eine umstrittene Pflicht
Ich diente auch als Aufseher von Jagdblöcken in Selous – eine schwierige und oft missverstandene Verantwortung. Legale Jagd, wenn sie streng reguliert wird, bringt Einnahmen zur Unterstützung von Schutz- und Gemeinschaftsprogrammen. Aber sie erfordert Disziplin, Transparenz und ständige Aufsicht.
Ich habe das Beste und das Schlechteste davon gesehen. Einige Jäger waren respektvoll. Andere nicht. Und ich zögerte nie, eine Jagd zu stoppen, die gegen die Regeln verstieß.
Naturschutz ist nicht schwarz und weiß. Er lebt von schwierigen Entscheidungen, langen Debatten und unvollkommenen Systemen. Aber wir taten unser Bestes – jeden Tag.
Kapitel 6: Lachen, Gefahr und Überleben
Selous bescherte uns auch Momente der Gefahr und unerwarteten Humors.
Wie an dem Tag, als mich ein Elefant im Hauptquartier Matambwe angriff. Ich hatte keine Zeit nachzudenken – ich rannte ohne anzuklopfen geradewegs in ein nahegelegenes Haus. Die Familie drinnen starrte nur wie erstarrt, als ich keuchend auf ihrem Boden landete.
Ein paar Sekunden Stille – dann brachen wir alle in Gelächter aus.
Noch heute scherzen sie: "Apollo, kommst du rein oder wartest du wieder auf den Elefanten?"
Kapitel 7: Von Legenden lernen
Alles, was ich weiß, verdanke ich den alten Rangern, die mich ausgebildet haben.
Mzee Mhelela, der den Busch lesen konnte wie eine heilige Schrift. Chonanga, der Geschichtenerzähler, der mich lehrte, der Stille zuzuhören. Kotoku, der mir die Bedeutung von Disziplin einbläute. Bobwe, der mich Diplomatie lehrte – dass deine Stimme ein mächtigeres Werkzeug ist als dein Gewehr.
Sie haben mich geprägt. Und heute gebe ich ihre Weisheit an andere weiter.
Kapitel 8: Diejenigen, die zu mir standen
Ich ging diesen Weg nicht allein.
Ich möchte die Männer und Frauen ehren, die an meiner Seite standen, als der Lohn zu spät kam, die Stiefel kaputt waren und die Nächte lang waren:
Happygod Maleo, Masemba, Zito alias Nyama Choma, Mjeshi, Schwester Rebecca Mdoe, Kauga Laban, Manyanza, Mashiku Kitobelo, Mzee Malunda, Lengaruka Schangwa…
Und so viele mehr: Doja Donnie, Bibi Nyama, Emmanuel Silayo, David Temu, Nsereko Suleman, Romanus Sebastian, Mazula, Marc Ruta Kibogoyo, Lazaro Tipap, Schwester Alice Chotta, Khamis Usanga, Mzee wa Nyati, Schwester Phoibe, Mshua Boy (RIP), Ngolepoi Sikar, Schwester Mercy Sommy, Francis Nando, Ally Kotoku, Said (Koch), Haji Yusufu, Mwakalesi, Nordine Zacharia, Bihawa Limbanga, Jarphary Kilongo, Pius Nangale, Schwester Asha, Casto Menasi (RIP), David Black Sniper, Mzee George, Danny Jacob, Join Kamgisha, Mganga, Betifrida John…
Ihr seid nicht vergessen. Ihr seid die wahren Hüter der Tierwelt Tansanias.
Kapitel 9: Vom Ranger zum Guide – Die Reise geht weiter
Heute führe ich nicht nur Touristen, sondern auch deren Verstand.
Ich teile die Geschichte von Selous. Die Geschichte von Wilderei und Schutz. Von alten Elefantenbullen, engagierten Rangern und dem schmerzhaften Preis des Schweigens. Ich trage alles in mir, was Selous mir gegeben hat – jede Lektion, jede Narbe, jeden Sonnenaufgang.
Als Ranger lernte ich, für die Tierwelt zu kämpfen. Als Guide lernte ich, für sie zu sprechen. Ich werde weiterhin Safaris in Tansanias Nationalparks und Wildreservaten führen und organisieren und dabei die Schönheit unserer Tierwelt und die Bedeutung des Naturschutzes teilen.
Widmung
Diese Geschichte ist für jeden Ranger, der seine Kraft, seinen Mut und sein Herz der Wildnis geschenkt hat. Den Bekannten, den Unbekannten, den Erinnerten und den Gefallenen. Denen, die unter den Sternen patrouillieren, wenn niemand zusieht. Denen, die nicht für Ruhm, sondern aus Pflicht gehen.
Ihr seid der Grund, warum Selous (Nyerere Nationalpark) noch lebt.
Mit Respekt, Liebe und ewiger Solidarität,
Apollo Kwilabya - Ehemaliger Wildhüter Selous Wildreservat.
